Ja, tatsächlich gab es Zeiten (welche schon einige Jahre her sind), wo ich selbst aktiv Geschichten geschrieben habe. Zwar wenige und meist One-Shots (d.h. nur 1.Kapitel), aber immerhin. Es waren schöne Zeiten, in denen ich wundervolle Menschen kennen gelernt habe. Sie sind auch heute noch Teil meines Lebens und schon aus diesem Grund werde ich immer mit einem Lächeln an diese Lebensphase zurückdenken.
Außerdem stecke ich in Ergüsse aus jener Zeit auch heute noch gerne meine Nase rein. Vielleicht in der Hoffnung, dass eines Tages ein Funken "Schreiberlings-Lust" wieder in mir erwacht.
Um euch hier auch einen kleinen Eindruck dessen zu schildern, was eine damals gerade 18-Jährige innerhalb der Welt der Prosa so mitzuteilen hatte, hier ein Beispielwerk. Wohl auch das Einzige, dessen Ursprung weder im Manga- noch im Fantasy-Segment zu finden ist!
Gewidmet habe ich es damals meinem besten Freund, der eine schwere Zeit durchgemacht und sich eine Geschichte von mir gewünscht hat. Etwas, das Mut macht und einen nach vorne sehen lässt.
Ganz umsonst scheint es nicht gewesen zu sein. Das Tief wurde überwunden.
Und mittlerweile, weil es ja auch immer anders kommt, als man denkt, haben wir unser 2.Jähriges Beziehungs-Jubiläum weit hinter uns gelassen. ^^
Hier ist "Another day", geschrieben von mir im Jahre 2015 (Geistiges Eigentum usw. und so fort, ihr wisst ja :D).
Viel Spaß!
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"Das Leben ist alles, aber ganz besonders eins:
Unsicher.
Ebenso wie die Stromversorgung im westlichen Teil der Stadt.
Die letzten Sonnenstrahlen waren schon vor einer Weile hinter den Dächern verschwunden und dennoch erhellten nur wenige Straßenlaternen die verschmutzen Wege. Ihr flackerndes Licht fiel auf die zugemüllten Gehsteige und die Hauswände, welche unter alten Plakaten und massenhaft Graffiti verschwanden.
Kein Mensch wagte sich zu dieser Zeit auf die Straße. Sie alle hingen an ihrem Leben. Alle Türen waren verschanzt und selbst, wenn jemand direkt vor ihrer Haustür überfallen werden würde: Die Tür würde geschlossen bleiben. Die Fenster verriegelt. Und das Schicksal jenes Wesens unausweichlich. Hier würden nur die Starken und Selbstsüchtigen überleben.
Alles andere war ausgeschlossen.
Eine Bewegung brach die gespenstisch stille Erscheinung des Stadtbildes. Ein kleiner Vogel ließ sich zu Füßen einer alten Mülltonne nieder, die ihrem Anschein nach seit mehreren Wochen nicht mehr gelehrt worden war. Leicht torkelnd wankte er in einen Spalt zwischen Tonne und Hauswand. Diese Gegend bekam selbst den Tieren schlecht. Der kleine zitternde Haufen drückte sich soweit es ging in die Dunkelheit hinein.
Gerade noch rechtzeitig.
Kaum verschwand seine letzte Federspitze aus der Reichweite der flackernden Lichtstrahlen, fuhr eine mit Krallen besetzte Pfote aus einer dunklen Ecke hervor und langte nach dem kleinen Lebewesen. Der restliche Körper des Tieres, welches unweigerlich als Kater identifiziert werden konnte, näherte sich ebenfalls dem Versteck des Vogels und lauernd platzierte er sich vor dem einzigen Ausgang.
Das Zittern des kleinen Tieres verstärkte sich.
Lebend würde es aus dieser Sackgasse nicht mehr herauskommen.
Nur als Mahlzeit des Katers oder als Opfer des Hungers.
Doch auch die Optionen des Katers waren begrenzt.
Von den vor Jahren mehrheitlich vorhandene Essensresten und Bioabfällen der Menschen war nichts mehr vorhanden. Sie kämpften, besonders hier, selbst um jeden Krümel und gaben sich mit jedem Rest zufrieden, der auch nur im Ansatz essbar war.
Kein Job war zu schlecht bezahlt oder zu erniedrigend, um ihn anzunehmen. Er brachte Geld. Und mit diesem Geld hatte man einen weiteren Tag zu leben.
Für andere Lebewesen blieb in dieser Gleichung nichts übrig außer Plastik- und Papierresten.
Wobei letzteres im Notfall auch herhalten musste.
Der Vogel war für heute die letzte Chance des Vierbeiners.
Sonst würde es auch für ihn kein Morgen mehr geben.
Dies schien auch der Kleinere der Beiden zu wissen.
Seine Flügel erschlafften und der Körper stellte langsam sein Zittern ein.
Sein stumpfer, erschöpfter Blick ging am angespannten Körper des Katers vorbei in Richtung Straße und versuchte sich die schönen Momente in den Armen der Lüfte wieder ins Gedächtnis zu rufen. Langsam schlossen sich seine Augen und er gab sich noch einmal der Vergangenheit hin.
Ein letztes Mal.
Doch ein lautes Scheppern lies den Kater zusammenfahren. Mit einem fast kreischenden Laut verschwand der graue Körper wieder in seinem alten Versteck.
Der Deckel einer anderen, metallenen Tonne rollte mit blechernen Geräuschen durch die kleine Seitengasse und blieb kurz vor der linken Hauswand liegen.
Der Müll jenes umgestürzten Gefäßes hatte sich mit dem restlichen Abfall des Viertels vermischt und hinter dem eigentlichen Behälter hockte ein Mensch, gelehnt an die gegenüberliegende Backsteinfassade. Die Beine von sich gestreckt, halb auf dem verdreckten Boden liegend, halb von der Wand gestützt. Sein weißes T-Shirt war nicht mehr als solches zu identifizieren und rote Flecke breiteten sich auf den Überresten der zerrissenen Jeans aus.
Sein Blick war zu Boden gerichtet.
Das strähnige Haar, welches wohl einmal einen hellen Braunton gehabt hatte, rahmte sein Gesicht von beiden Seiten ein und verdeckte jegliche Regung.
Die Stille war zurück, kein Laut war zu hören.
Kein Schluchzen.
Kein Seufzen.
Kein Fluchen.
Nichts.
Es würde sich nicht lohnen, wäre seine restlichen Energiereserven nicht wert.
Er hatte aufgegeben.
Er würde es nicht schaffen.
Nicht in diesem Leben.
Hier gab es keinen Platz für ihn.
Er hatte es versucht., bis heute.
Er konnte einen Job sein Eigen nennen, der ihm eine Qual war.
Ein Gehalt, dass trotz seiner Höhe keines seiner Probleme zu lösen vermochte.
Eine Wohnung, die er nicht mehr als Heim bezeichnen konnte.
Eine Familie, der er mit jedem Tag mehr und mehr eine Last war.
Die Türen knallten und die Bar war schnell in Sicht.
Aus einem Glas wurden schnell mehr und aus einer Meinungsverschiedenheit schnell eine Prügelei.
Nicht die Erste in den letzten Wochen.
Er wusste: Es würden weitere kommen.
Egal, was er tat.
Er würde wieder hier landen.
Am Abgrund der Gesellschaft, die nicht die Seine war.
Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
Eines hatte er in all den Jahren nicht verloren: Seine Ideale. Seine Meinung. Seine Fähigkeit zu denken. Er war keine der Marionetten des Systems geworden. Keine Puppe, die alles kommentarlos hinnahm, was man mit ihr machte und die die Ungerechtigkeit der Welt ohne weiteres akzeptierte.
Nein.
In all den Jahren war er ein Kämpfer geblieben und hatte weitergemacht.
Um nun doch einsehen zu müssen: Es war vorbei.
Sämtliche Kräfte waren aufgezehrt, die Grenzen überschritten, die eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft.
Das Licht der Laterne flackerte ein letztes Mal, dann erlosch auch dieses.
Selbst die Glühbirnen hatten aufgegeben.
Dunkelheit machte sich in der Gasse breit und er hob seinen Kopf, ließ seinen Blick zum Himmel wandern.
Wolken verdeckten sonst jeden Blick auf den Raum hinter ihnen, doch heute erstrahlten am Firmament unzählige kleine Lichtpunkte.
Als ob jemand versuchte, letzte Reserven zu mobilisieren, um diese Welt am Laufen zu halten.
Es war ein Streitpunkt, ob dies von Vorteil sein würde.
Die Zeit verstrich, doch er wandte nicht ein einziges Mal seinen Blick von den unendlichen Weiten des Himmels.
Ein erster heller Streifen bildete sich am Horizont, doch noch dominierte die Nacht das Bild der Stadt. In weiter Entfernung erklangen Schritte, die von den Wänden des Gewirrs aus Gassen wieder hallten und langsam drehte er seinen Kopf in Richtung der lauter werdenden Geräusche. Kein Mensch mit Sinn und Verstand würde sich hier um diese Uhrzeit herumtreiben. Das war's wohl. Ende. Ein entspannter Zug erfasste sein Gesicht und er wartete. Wartete auf das, was wohl unweigerlicher kommen würde.
Die Schritte kamen näher.
Leichte, kurze Schritte.
Ein leiser Knall.
Ein Fluchen.
Er horchte auf. Eine Frau?
Nun lauschte er angestrengter in die Nacht hinein.
Erneut Schritte, erneut ein Knall, Flüche, diesmal eindeutig lauter.
Diese Stimme kannte er.
Der Lichtkegel einer Taschenlampe erschien auf dem Boden neben ihm, kam näher und schwenkte schließlich mit voller Intensität in Richtung seines Gesichts. Er kniff die Augen zusammen und riss seine Hand nach oben.
"Endlich gefunden."
Der Lichtstrahl senkte sich nach unten und er blickte in die Richtung der Person, die gerade auf die neben ihm liegende Kreuzung aus kleinen Nebenstraßen getreten war.
Eingepackt in einen grauen Pulli, einen dicken Schal, abgewetzte Jeans und knallrote Chucks blickte ihm eine junge Frau mit undefinierbarem Gesichtsausdruck entgegen.
Ein Seufzen entriss sich seiner Kehle.
Mit ihr hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Vielleicht doch. Oder auch nicht. Er wusste es nicht. Ein Ächzen erklang aus ihrer Richtung. Mit einem lauten Keuchen lies sie einen voll gepackten Rucksack neben sich zu Boden sinken, einige Tüten fanden darauf ihren Platz. Einen Zweiten, der schon neben ihr gestanden hatte, warf sie in seine Richtung.
Fragend blickte er zuerst auf das Gepäckstück, welches direkt neben ihm an der Wand gelandet war, dann wieder zu seiner Gegenüber.
"Sie machen sich Sorgen um dich. Langsam gefühlt die halbe Stadt."
Ein ironisches Lachen erklang aus seiner Richtung.
"Hey!", erwiderte sie wütend,"Tu das nicht einfach so ab! Ich weiß, dass ich Recht habe und du auch. Ebenso wie mein Telefonanbieter, meine Patienten und mein Freund, der wohl die Hand nicht mehr vom Hörer bekam. Das gibt noch Ärger. Aber nun erstmal..." Sie langte mit einer Hand in die Seitentaschen ihres Rucksacks und zog zwei Blatt Papier hervor. Vorsichtige faltete sie die schon arg mitgenommenen Seiten auseinander und studierte kurz den darauf zu findenden Text."Mmmh ... Couchsurfen. Nordlichter. Route 66. Disneyland. Ein Tattoo. Festivals. Um die Welt reisen. .... da haben wir ziemlich viel vor." Überrascht schaute er auf. Sie trat näher heran und streckte ihm ihre Hand entgegen.
"Wollen wir?"
Erneut warf er einen Blick in ihr Gesicht. Dann auf ihre Hand. Wieder in ihr Gesicht.
Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und er griff zu.
"Du bist verrückt.", kommentierte er, während er sich einige Abfallreste von den Hosen klopfte.
"Auch schon gemerkt?"
"Mmh." Schnell packte sie ihn am Ellenbogen, schnappte sich das restliche Gepäck und zog ihn hinter sich her. Schmerzvoll verzog er das Gesicht und zischte leise auf. Sie blieb stehen und warf ihm einen halb vorwurfsvollen, halb besorgten Blick zu. "Wir ergänzen die Liste wohl lieber um einen kurzen Klinikaufenthalt." Er ergab sich seinem Schicksal. Bei den Schmerzen war es wohl auch nicht die dümmste Idee.
"Hast du einen Wagen?" Grinsend schüttelte sie den Kopf. "Hey, da stand etwas von VW-Bus auf deinem Masterplan. Natürlich habe ich keinen Wagen!" Lachend umrundete sie mit viel Schwung die Mülltonne am Eingang der Gasse und zog den jungen Mann hinter sich her. Eine der Tüten in ihrer Hand blieb an einem Metallriegel hängen, riss wenige Zentimeter auf und einige Kekse fanden ihren Weg zu Boden, in unterschiedliche Richtungen davonrollend. "Zuerst sollten wir dir neue Klamotten besorgen. So lässt man dich durch keine Grenzkontrolle ..."
Die beiden Personen verschwanden hinter der Hausecke und ihre Stimmen entfernten sich.
Sofort schoss der Kater aus seinem Versteck hervor und krallte sich den erstbesten Keks, dann den nächsten.
Ein Weiterer war in den kleinen Spalt gerollt, wo der Vogel erst langsam, dann mit immer größer werdendem Eifer an dem kleinen Gebäckstück herumpickte. Wenige Minuten später hüpfte er aus der Dunkelheit hervor, breitete gestärkt seine Flügel aus und schwang sich in die Luft.
Den Kater mit seiner Mahlzeit zurücklassend, flog er die Straße hinab, über die Köpfe der zwei lachenden Menschen hinweg und der aufgehenden Sonne entgegen.
Irgendwie geht es immer weiter, soviel ist sicher.
Nur wie ... das bleibt wohl eine ewige Überraschung."
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Kommentare
Schönes Bild
... komt mir so bekannt vor!
Bin gerade am Lesen ...
Long time ago ...
Ja, tolle Zeit :D Das war glaube Juli 2017!.
Die Geschichte ist nochmal 2 Jahre älter.